Anfang der Woche waren mehrere Notfallseelsorger aus Metzingen und
dem Landkreis Reutlingen im Einsatz im Hochwassergebiet im Ahrtal. Auch
Angehörige der Metzinger Feuerwehr waren mit dabei.
Der Startschuss für diesen ganz und gar nicht alltäglichen Einsatz
war eine offizielle Anfrage um psychosoziale Unterstützung im
Hochwassergebiet des Landes Rheinland-Pfalz beim Land Baden-Württemberg.
Zuvor gab es auch schon Personenstandsabfragen über die evangelischen
und katholischen Kirchen im Land. Am Montag, 2. August, machten sich die
Helferinnen und Helfer schließlich auf den Weg in die zerstörten
Gebiete.
Zunächst trafen sich zwei Notfallseelsorger aus dem Landkreis
Tübingen am frühen Montagmorgen mit weiteren fünf Notfallseelsorgern aus
dem Landkreis Reutlingen in Metzingen und fuhren in zwei Teams mit zwei
Fahrern der Feuerwehr Metzingen zur Landesfeuerwehrschule nach
Bruchsal. Von dort aus ging es im Konvoi zum Flugplatz Mendig.
In einer kurzen Lagebesprechung wurde schnell klar, dass es sich um
einen Einsatz außerhalb jeglicher Routine in einer nie dagewesenen
Schadenslage handelt. Das Schadensgebiet erstreckt sich über 50 bis 60
Kilometer und schon die Anfahrt vom Standpunkt zum Einsatzort dauert
etwa eine halbe bis eine Stunde.
Einsatz vor Ort
Von der mobilen Leitstelle am Flugplatz wurden insgesamt 16 Trupps
mit ihren Fahrzeugen zu unterschiedlichen Aufträgen im gesamten
Schadens-gebiet in den Einsatz geschickt. Die einen erkundeten die Lage
vor Ort, man sprach mit Bürgermeister, Ortsvorsteher, Pfarrer usw., um
den Bedarf an psychosozialer Notfallversorgung zu ermitteln. Die anderen
waren direkt im Schadensgebiet z. B. an Notunterkünften, Verpflegungs-
oder anderen zentralen Stellen. Sowohl Notfallseelsorge- als auch
Einsatzkräftenachsorge-Teams waren unterwegs, sprachen mit der
Bevölkerung, Helfern, anderen Hilfsorganisationen wie THW, Feuerwehr,
Bundeswehr, Handwerkern, Bagger- und LKW-Fahrern usw. Es galt die
Polizei bei der Überbringung von Todesnachrichten zu begleiten.
Schnell wurde klar: Das Ausmaß der Katastrophe ist unvorstellbar.
Vielerorts gibt es nach wie vor keine Strom- oder Wasserversorgung.
Mancherorts ist die Infrastruktur entweder nicht mehr vorhanden oder
schwer beschädigt. Da es keine Kanalisation mehr gibt, können nur
Dixiklos benutzt werden. Wasserkanister und -tanks stehen bereit zum
Händewaschen. Hilflos mussten viele mit ansehen, wie ihr Hab und Gut
weggerissen wurde. Schweres Räumgerät u. a. von der Bundeswehr schaffen
Unmengen an Material weg.
Ein Beispiel für die Situation vor Ort: In einem Dorf von ehemals 600
Einwohnern sind noch 50 Personen vor Ort. Zu den anderen gibt es oft
keinen Kontakt. Sie werden bei Verwandten oder Bekannten vermutet. Das
THW prüft und markiert beschädigte Gebäude. Vieles muss abgerissen
werden. Auch hier gilt es noch evtl. anwesende Bewohner zu betreuen. In
vielen Orten gibt es beispielsweise keine Feuerwehr mehr. Hier wird aus
anderen Bundesländern die Versorgung gewährleistet.
Viele freiwillige Helfer und die verbliebene Bevölkerung arbeiten
seit nahezu drei Wochen. Einerseits ist ein großer Zusammenhalt und
Solidarität zu spüren, andererseits liegen die Nerven blank, was die
fehlende offizielle Hilfe anbetrifft. Viele sind immer noch geschockt,
haben alles verloren und sehen im Moment keine Perspektive. Immer wieder
werden Leichen oder -teile gefunden, deren Identifizierung immer
schwieriger wird.
Versorgungsstationen werden oft privat organisiert. In einem Ort
fanden die Seelsorger eine große Kirche vor, die zu einem wohlsortierten
Warenhaus für Spenden aller Art umfunktioniert und damit auch zum
Kommunikationszentrum wurde.
Schwierige Lage auch für die Einsatzkräfte
Höhergelegene Orte, die nicht so sehr von Zerstörung betroffen sind,
helfen mit dem Containeraufbau von Not-Kitas, -schulen, helfen
finanziell und mit Verwaltungskräften, nehmen Obdachlose auf und
schicken Handwerker vor Ort.
Die 16 Teams der Notfallseelsorge waren einfach da, hörten zu,
versuchten den Bedarf auch für die Zeit über ihren Einsatz hinaus
strukturiert zu erfassen. 72 Stunden sind die Teams im Einsatz, danach
ist die Ablösung organisiert. Die Einsatzleitung versucht
hochprofessionell und passgenau die Bedarfe vor Ort mit ausreichendem
und qualifiziertem Personal zu bedienen.
Die rückkehrenden Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger waren
angesichts der Situation sehr betroffen, ihnen wurde aber auch sehr viel
Offenheit und Dankbarkeit entgegengebracht. Man spürt eine unglaublich
große und überregionale Solidarität und Hilfsbereitschaft. Man hatte
allerdings den Eindruck, dass es an manchen Stellen an der Koordination
noch fehlt.
Quelle Text: Stadtverwaltung Metzingen zusammen mit der PSNV im Landkreis Reutlingen. Quelle Bild: Feuerwehr Metzingen